Zur Wahl in Thüringen: Blick in den Abgrund

Veröffentlicht am 10.02.2020 in Bundespolitik

Blick in den Abgrund

Am Mittwoch vergangene Woche konnte man dem politischen Abgrund gleich

Blick in den Abgrund

Am Mittwoch vergangene Woche konnte man dem politischen Abgrund gleich mehrmals direkt ins Auge schauen. Ein erstes Mal kurz nach 14 Uhr, als Björn Höcke als Fraktionsvorsitzender der AFD im thüringischen Landtag Thomas Kemmerich von der FDP die Hand reichte und zur Wahl als Ministerpräsident gratulierte. Nur wenige Minuten vorher hatte sich der „Freie Demokrat“-Kemmerich mit den Stimmen der kompletten AFD-Fraktion zum neuen Ministerpräsidenten wählen lassen. Und die Wahl angenommen.

Ein zweites Mal zeigte sich der politische Abgrund etwa zwei Stunden später. In einer eigens einberufenen Pressekonferenz versuchte Christian Lindner als Bundesvorsitzender der FDP erst gar nicht, diesen Präzedenzfall der deutschen Nachkriegsgeschichte zu verurteilen. Vielmehr übte sich der „Freie Demokrat“-Lindner in wahltaktischen Verallgemeinerungen und der Verneinung der Verantwortung. Von politischer Haltung keine Spur. Gleichzeitig wird jeden Tag deutlicher, wie stark die CDU mit ihrer inneren Zerrissenheit beim Umgang mit der AFD kämpft. So sehr die klaren Haltungen und Worte aus Berlin zu loben sind, so deutlich scheint der Unmut aus der eigenen Basis mit dieser klaren Haltung der Bundespartei zu sein.

Wer denkt, die Thüringer-Verhältnisse sind weit weg, der irrt. So hat sich beispielweise Alexander Mitsch als Chef der erzkonservativen „Werteunion“ in den letzten Tagen klar für die gezeigte Kooperation mit der AFD ausgesprochen. Es ist der gleiche Alexander Mitsch, der bis letztes Jahr im CDU Kreisverband Rhein-Neckar aktiv war und bereits medienwirksam angekündigt hat, bei der kommenden Landtagswahl 2021 für die CDU in unserem Nachbar-Wahlkreis Schwetzingen antreten zu wollen. Stolz berichtet der „Christ-Demokrat“ Mitsch Anfang der Woche im Mannheimer Morgen über die starken Zuwächse seiner „Werteunion“ nach der Wahl in Thüringen.  

Als SPD-Mitglied könnte man mit einer gewissen Genugtuung auf die inneren Konflikte und Zerrissenheit der anderen Parteien blicken. Doch wer so denkt, hat den Ernst der Lage nicht erkannt. Lange Zeit galt der Slogan „Wehret den Anfängen!“ als Credo im Kampf gegen rechts. Spätestens nach der Wahl in Thüringen sollte allen klar sein, dass dieser Punkt längst überschritten ist. AFD und Werteunion werben mit dem „bürgerlichen“ Protest, was sie aber suchen, ist die politische Macht.  

Thorsten Walther