Zeit für mehr Solidarität

Veröffentlicht am 09.05.2016 in Ortsverein

Zeit für mehr Solidarität- das ist das Motto des DGBs für den 1. Mai. Und gerade bei uns in der Region ist es Zeit für Solidarität. Das meinte unsere Rednerin, Janna Köke, die Sekretärin bei der Gewerkschaft ist. Unerträglich, so Köke, ist das Jahr bisher für die Beschäftigten in den von Stellenabbau betroffenen Betrieben: ABB, Bilfinger, Bombardier, General Electric (GE), Siemens, Wabco oder XXXL MannMobilia.

Auf Initiative der IG Metall-Vertrauenskörperleitung hat sich deshalb am 12. Januar 2016 in Mannheim das überbetriebliche Solidaritätskomitee gegründet.  Sein Ziel ist es, den gemeinsamen Informationsaustausch und die gegenseitige Hilfe bei Angriffen auf Arbeitsplätze und Standorte zu verbessern. Unabhängig von Werks- oder Branchengrenzen wird so der Schulterschluss von Betriebsräten, Vertrauensleutekörpern und Beschäftigten in der Rhein-Neckar-Region erleichtert.

Gefordert wird nicht zuletzt die Einhaltung des Grundgesetzes: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Eine Enteignung ist ... zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. (Artikel 14 GG.) Köke: Kämpfen wir deshalb auch für ein Verbot von Entlassungen! ”

Aber: und das ist eine bittere Erkenntnis. Nicht die schlechte Wirtschaftslage ist der Grund dieses Kahlschlags. Ganz im Gegenteil, Unternehmen wie ABB und GE melden Erfolgs- und Rekordzahlen.

Nein, es ist schlicht und einfach die Gier, so Köke. Die Gier der Manager, immer mehr Geld für sich und die Aktionäre zu bekommen. Das wird zum Beispiel bis zu 60 Kolleginnen und Kollegen hier  in Ladenburg arbeitslos machen. Dort will ABB eine gutgehende Fertigung mit großen Gewinnmargen schließen will, um in Polen eine noch höhere Margen zu erreichen. Und ausgerechnet in Polen.

Und neben der Gier haben die Entlassungen auch mit Versagen zu tun. Nicht mit dem Versagen von Beschäftigten, sondern mit dem Versagen  von Managern. Die Tarifrunden 2016 sind in vollem Gange oder wurden gerade beendet. Insgesamt laufen in diesem Jahr Tarifverträge für rund 12 Millionen Beschäftigte aus. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben lange Jahre nicht das bekommen, was ihnen eigentlich zusteht- meist mit Verweis auf die leeren öffentlichen Kassen. Köke zeigte sich erfreut, dass, auch Dank eines 12-Milliarden-Überschuss des Bundes jetzt im öffentlichen Dienst ein guter Abschluss für die Beschäftigten erreicht werden konnte, der ihnen für die nächsten zwei Jahre real mehr Geld bringt. Denn: Wer gute öffentliche Leistungen will, muss sich gut bezahlte Beschäftigte leisten. Aktuell läuft auch die wichtigste Tarifrunde für die 3,8 Millionen Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie. Es werden 5 Prozent mehr Lohn, Gehalt und Ausbildungsvergütung für eine Laufzeit von 12 Monaten gefordert. BDA-Präsident Ingo Kramer, ein Unternehmer aus Bremerhaven, poltert: „In der derzeitigen schwierigen konjunkturellen Phase gibt es nicht viel zu verteilen. Daher rate ich zur Zurückhaltung.“ Aber, so Köke, Fakt ist: Alleine die 5 größten Konzerne der Metall- und Elektroindustrie schütten dieses Jahr für ihre Aktionäre mehr Dividende aus als eine Entgelterhöhung um 5 Prozent für alle 3,8 Millionen Beschäftigten unserer Branche kosten würde. Das ergibt sich aus deren eigenen  Bilanzen. Auch gleichstellungspolitische Themen hat Köke angesprochen und sie wies darauf hin, dass auch für die Gleichstellung der Geschlechter im Erwerbsleben wir Tarifverträge brauchen. In keinem anderen Land ist die Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen so groß wie in Deutschland. Frauen verdienen bis zu 20 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen, in Baden-Württemberg ist diese Entgeltlücke von allen Bundesländern am größten. Wir brauchen deshalb eine größere Tarifbindung, in tarifgebundenen Betrieben sind die Gehaltsunterschiede nämlich nicht so stark. Um dieser Diskriminierung endlich ein Ende zu setzen, muss der Gesetzgeber aktiv werden. Das Gesetz muss zügig verabschiedet werden. Die Union darf das jetzt nicht zusammen mit den Arbeitgebern blockieren, sagte Köke. Ein weiteres wichtige Thema war für Köke die Rente, die bis zur Bundestagswahl ins Zentrum der Aktivitäten der Gewerkschaften –und hoffentlich der SPD- rücken werden. Die Forderung lautet, den Sinkflug der gesetzlichen Rente zu stoppen. Dafür brauchen wir einen Kurswechsel in der Rentenpolitik. Das gesetzliche Rentenniveau muss dringend stabilisiert werden. Wer sein Leben lang hart gearbeitet hat, muss von der Rente leben können. Wer keinen Job gefunden hat, darf bei der Rente nicht auch noch dafür bestraft werden.Auch wer nicht mehr kann, darf im Alter nicht arm sein. Das gilt insbesondere für Frauen.

Köke sprach auch an, wie wir mit den vielen Menschen umgehen, die vor Krieg, Gewalt, Hunger und Not bei uns Zuflucht suchen. Das seien heftige und zum Teil schwierige Debatten, weil es Parteien, wie die AfD (oder aber zum Teil auch die CSU gibt), die diese Debatten populistisch führen und den rechten Rand abfischen wollen. Sie sind sich nicht zu schade,, die Menschen, die Zuflucht suchen auszuspielen gegen die Menschen, die in unserer Gesellschaft Hilfe brauchen. Das ist in hohem Maße unanständig, so Köke. Wenn es Schwierigkeiten und Probleme gibt, müssen wir darüber sprechen und Lösungen suchen. Unterschiedliche Standpunkte müssen gehört werden. Aber die Basis aller Diskussionen sind unsere demokratische Grundordnung und das Grundrecht auf Asyl.  Wenn wir die ganze Zeit, die wir damit verbringen über Gefahren zu sprechen, uns um echte Integration und Zukunftsperspektiven kümmern würden, dann wäre schon vieles erreicht. Mehr als 1000 Angriffe bzw. Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte gab es im letzten Jahr. Dafür schäme auch ich mich, sagte Köke.  Aber wir dürfen unser Land nicht von einer Minderheit aus der rechten Ecke spalten lassen. Wir werden den Rassisten zeigen, dass sie nicht das Volk sind. Auf den Straßen, auf den Plätzen, in der Öffentlichkeit. Wir sagen selbstbewusst: „WIR sind die Mehrheit in Deutschland!“ Wir lehnen Hetze und Gewalt gegen Flüchtlinge ab.

Starker Beifall belohnte die Rede von Janna Köke. Philipp Kaltschmitt bedankte sich herzlich und meinte, dem sei nichts hinzuzufügen. Auch Lothar Binding besuchte uns auf seiner Tour zu den Maifeiern der SPD-Ortsverbände.

Dagmar Klopsch-Güntner