Corona-Krise

Veröffentlicht am 20.04.2020 in Ortsverein

Neue Betrachtungsweise für die Ermittlung des Wohlstands.

Die Corona-Krise bietet eine Chance: über den Wohlstand hinaus zu denken.

Die verordnete Langsamkeit bringt viele Familien an die Grenze ihrer Belastbarkeit. Aber vielleicht können wir der Zeit etwas Neues abgewinnen, Zeit miteinander, mit der Familie zu verbringen. Wir können auch über unseren Wohlstand nachdenken. Auch darüber, dass derzeit der Wohlstand nur am wirtschaftlichen Wachstum festgemacht wird. Was ist das Bruttosozialprodukt anderes als der Gesamtwert von Waren und Dienstleistungen eines Landes. Völlig unbeachtet bleibt dabei der Ressourcenverbrauch und das Wohlbefinden der Menschen. In Ecuador versucht man, das Verhältnis zwischen materiellem Wohlstand und Wohlbefinden neu zu definieren. Dabei geht es vor allen Dingen auch um Zeit, das heißt wie wir diese verbringen möchten. Wenn Arbeit eine Quelle von Wohlbefinden sein soll und kein Hamsterrad, wird menschengerechte Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung zur Wohlstandsfrage. Haushalts- und Pflegearbeit, die für den Wohlstanderhalt entscheidend sind, werden so erfassbar und können aufgewertet werden. Und zum anderen müssen wir die weltweite Krise als solche erfassen: wir haben hinreichend materielle Ressourcen, um mit der erzwungenen Freizeit umzugehen. Ganz anders in den Ländern, die ohnehin als arm gelten. Hier führt Quarantäne und Arbeitsniederlegung zu Hunger und mehr Gewalt. Dies schürt soziale Eskalation und politische Konflikte. Deshalb sollte der Ausbau des Gemeinwohls aller an erster Stelle stehen. Dazu gehört die bis heute feminisierte und deshalb kaum wert geschätzte Tätigkeit in Betreuung und Pflege aufzuwerten. Das bedeutet, dass Infrastrukturmaßnahmen in Gesundheit, Bildung, Betreuung und Pflege und eine neu zu definierende umfassende Grundversorgung erfolgen müssen. Wir brauchen eine neue Versorgung für alle von allen und zwar auf der ganzen Welt. Völlig richtig sagen die fridays for future, dass wir die Klimakatastrophe gerade jetzt nicht aus den Augen verliere dürfen. Wir haben so viel Geld in die Hand genommen, um Handel und Wirtschaft zu stärken, wir haben uns von einer „schwarzen Null“ verabschiedet. Das zeigt, es geht, wenn es sein muss.

Und es muss jetzt sein.

Dagmar Klopsch-Güntner