Schaffen wir das?

Veröffentlicht am 10.04.2017 in Ortsverein

Im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise wird diese Frage häufig gestellt.  Zumindest mit Blick auf die öffentlichen Kassen lautet die Antwort: ja.

2016 haben die Flüchtlinge den Steuerzahler rund 20 Milliarden Euro kosten, sagt das Institut für Weltwirtschaft (IfW). Das ist eine Menge Geld. Doch Bund, Länder und Kommunen haben auch viele Einnahmen: 18,5 Milliarden Euro Überschuss allein bis Ende Juni – ein Rekord. Der Gesamtanteil für Flüchtlingskosten beträgt rund 1,4 Prozent.

Und das Sparmantra wird dafür nicht angetastet: Die schwarze Null steht – nicht nur auf Bundesebene. Acht Bundesländer, darunter Baden-Württemberg- kommen 2016 ohne neue Schulden aus. Grund ist die starke Konjunktur. Und Länder, die weiter Schulden machen, können das dank niedriger Zinsen sehr günstig tun. Außerdem sind die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer mit Anfang 50 jetzt in einem Alter, in dem sie viele Steuern zahlen, was dem Staat wiederum Einnahmen beschert.

Die Befürchtung, die Staatskassen könnten sich leeren kann als Populismus abgetan werden. Die Unternehmen machten mehr Gewinne, der Arbeitsmarkt entwickelte sich besser als erwartet. Gleichzeitig kommen bislang weniger Migranten nach Deutschland als prognostiziert.

Die Flüchtlingskrise und das Jahr 2015 war vor allem eine Herausforderung für Personal und Verwaltung. 1,3 Millionen Menschen wurden untergebracht und versorgt. Dabei ist die Versorgung der Flüchtlinge grundsätzlich Ländersache.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) geht derweil davon aus, dass die Eingliederung von Flüchtlingen in den deutschen Arbeitsmarkt ein langwieriger Prozess sein wird Im ersten Jahr nach der Einreise werden vielleicht zehn Prozent eine Arbeit haben, nach fünf Jahren ist es die Hälfte, nach 15 Jahren 70 Prozent.

Die Bundesagentur für Arbeit kalkuliert 2016 mit 350.000 Flüchtlingen, die auf die staatliche Grundsicherung, also Hartz IV, angewiesen sein werden. Die Kinder, die jetzt hier in die Schule kämen, hätten gute Perspektiven, die Fachkräfte von übermorgen zu werden.

Von den ca. 20 Mrd. Kosten in 2016 hat Baden-Württemberg ca. 2,5 Mrd zu tragen (Quelle: Die Welt)

2017 wird mit ca. 15,6 Mrd. gerechnet (Quelle: Epoch Times)

Wenn Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit Ausgaben von insgesamt 21,3 Milliarden Euro rechnet, sind das nicht die Kosten, die dem Bund durch die Flüchtlinge entstehen, die nach Deutschland gekommen sind. Wie schon im vorigen Jahr, als der Streit mit den Ländern um die Übernahme dieser Kosten sich zuspitzte, rechnet das Finanzministerium dazu auch Ausgaben, die für internationale Aufgaben anfallen.

In der Berechnung taucht im aktuellen Monatsbericht des Finanzministeriums daher wieder ein Kostenblock „Fluchtursachenbekämpfung“ auf. In ihm sind Ausgaben zusammengefasst, die Deutschland für „flucht- und migrationsrelevante Maßnahmen weltweit“ leistet Dazu gehören zum Beispiel 428 Millionen Euro, die die Bundesregierung als finanzielle Unterstützung an die Türkei zahlt, um die Aufnahme von Flüchtlingen dort zu unterstützen. 2,3 Milliarden Euro stammen aus einer Zusage Deutschlands bei der Syrienkonferenz in London zur „Schaffung von Perspektiven in der Region“. Weitere 1,4 Milliarden Euro machen die nach 2015 deutlich aufgestockten Mittel für humanitäre Hilfen aus.

Dank der guten Steuereinnahmen konnte der Bund diese Last meistern und kam dennoch auf einen Überschuss. Zu den Steuermehreinnahmen trugen auch die Ausgaben für Flüchtlinge bei. Der Konjunkturexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Ferdinand Fichtner, meinte, dass man das auch als ein riesiges Konjunkturprogramm bezeichnen könne. Ein sehr großer Teil des Geldes sei über die Ausgaben von Flüchtlingen für Lebensmittel und anderes, später über Mietzahlungen oder wegen Bau-Investitionen in die Wirtschaft geflossen und das dürfte für über 90 Prozent der Bundesausgaben gelten. Während der Bund bestimmte Ausgaben für internationale Maßnahmen den „asylbedingten Kosten“ zurechnet, geht er bei der Entwicklungshilfe den umgekehrten Weg. Denn die Bundesregierung lässt sich einen Teil der Flüchtlingskosten, die in Deutschland entstehen, bei der OECD als Entwicklungshilfe anrechnen und schafft es so, seine ODA-Quote (ODA steht für öffentliche Entwicklungshilfe) deutlich zu steigern. Zur Jahrtausendwende hatten die Industriestaaten zugesagt, 0,7 Prozent ihres Inlandsprodukts für Entwicklungshilfe auszugeben. Davon ist Deutschland weit entfernt. Dank der Inlandskosten für Flüchtlinge konnte Deutschland seine Quote jedoch von 0,42 Prozent 2014 auf 0,52 Prozent im Jahr 2015 verbessern. (Tagesspiegel)

Im Streit um die Abrechnung von Flüchtlingskosten hat (Stuttgarter Nachrichten Stand: 17.3.2017, 8.30 Uhr) der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) den Kreisen versichert, dass diese ihre notwendigen Ausgaben ersetzt bekommen. Landräte und Politiker aus der Region waren gestern nach Stuttgart gereist, um mit dem Minister über die Flüchtlingskosten zu sprechen.